Akteure der Entwicklungspolitik
Unter Entwicklungspolitik versteht man die Förderung der Entwicklungsländer durch Industriestaaten und Nichtregierungsorganisationen im Bereich des soziologischen, wirtschaftlichen und technischen Fortschrittes.
Die Akteure der Entwicklungspolitik lassen sich in staatlich und nicht-staatlich unterteilen. Beispiele für die jeweiligen Kategorien sind in der Tabelle zu finden:
Staatlich | Nichtstaatlich |
---|---|
KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) Entwicklungsbank | WWF (World Wide Fund for Nature) |
GIZ (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) | Amnesty International |
UN (United Nations) | Malteser International |
BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) | Welthungerhilfe |
Frau Frank, eine Mitarbeiterin der GIZ hat mit uns ein Interview geführt und uns so die Möglichkeit gegeben einen genaueren Einblick in die Entwicklungspoltik zu erlangen.
Die Buttons führen zum jeweiligen Thema. Das gesamte Interview ist weiter unten zu finden.
Interviewer: „Inwiefern beteiligt sich Deutschland an der Entwicklungshilfe?“
GIZ: „Das BMZ verantwortet die Entwicklungszusammenarbeit der Bundesregierung, stimmt sich hierfür mit anderen Bundesministerien ab und schließt Verträge mit Partnerländern. Sogenannte Durchführungsorganisationen setzen dann die konkreten Maßnahmen im Auftrag der Ministerien um.“
Interviewer: „Welche Rolle hat die GIZ dabei?“
GIZ: „Eine dieser Organisationen ist die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH. Sie ist ein bundeseigenes Unternehmen und übernimmt in der Regel die Technische Zusammenarbeit. Was bedeutet das? Die GIZ berät, vermittelt Wissen, stellt Ausrüstung zur Verfügung und erstellt Studien. Anders als bei der Finanziellen Zusammenarbeit geht es also nicht darum, Maßnahmen zu finanzieren. Stattdessen lautet das Stichwort: Wissenstransfer. So sollen die Fähigkeiten von Menschen, Organisationen und Gesellschaften in den Schwellen- und Entwicklungsländern erhöht werden (Capacity Building). Ziel ist, dass die Menschen ihre Lebensbedingungen aus eigener Kraft verbessern und eigene Ziele verwirklichen können. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH und ihre Vorgängerorganisation sind seit mehr als 50 Jahren in der Entwicklungszusammenarbeit tätig. Die GIZ ist „Dienstleister der internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung und internationalen Bildungsarbeit“. Das heißt nichts Anderes als: Die GIZ engagiert sich weltweit für eine lebenswerte Zukunft. Und das in ganz verschiedenen Bereichen – von Klima und Umwelt über Flucht und Migration, Wirtschaft, Frieden, ländliche Entwicklung, Digitalisierung, Staat und Demokratie bis hin zu Gesundheit.
Mehr als 22.000 Mitarbeiter*innen arbeiten derzeit in rund 1.600 Projekten in über 120 Ländern daran, die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern und vor Ort Perspektiven zu schaffen. Die GIZ wird hauptsächlich vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) beauftragt, aber auch von anderen Bundesministerien, der Europäischen Union, Regierungen weltweit, internationale Institutionen, Privatunternehmen oder Stiftungen. Die Aufgabe der GIZ ist es nun, die Vorhaben in die Tat umzusetzen. Das Geschäftsvolumen lag 2019 bei 3,1 Milliarden Euro.“
Interviewer: „Welche Ziele verfolgt die GIZ?“
GIZ: „Die GIZ hat sich Nachhaltigkeit zum Leitprinzip gemacht – und zwar auf allen Ebenen: Soziale Verantwortung, ökologisches Gleichgewicht und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ermöglichen künftigen Generationen eine lebenswerte Zukunft. Auch setzt sie sich besonders stark für die Achtung der Menschenrechte ein. Grundlage für ihre Arbeit sind die 17 globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs), die die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen beschlossen haben (Agenda 2030). Die GIZ möchte mit ihren Partnern Veränderung antreiben. „
Interviewer: „Arbeitet die GIZ mit anderen Organisationen zusammen?“
GIZ: „Die GIZ kooperiert sehr eng mit ihren Partnern vor Ort. Häufig sind das die nationalen Ministerien, Kommunen oder lokale Organisationen. Sie arbeitet mit ihren Partnern auf Augenhöhe, um die Entwicklungspotenziale und die Bedürfnisse der Menschen vor Ort zu erkennen und gezielt Lösungen zu entwickeln. Es geht nicht nur darum, kurzfristig zu helfen und Not zu lindern, sondern langfristig Perspektiven und stabile Strukturen zu schaffen, damit sich die Lebensbedingungen dauerhaft verbessern. Moderne Entwicklungszusammenarbeit leistet Hilfe zur Selbsthilfe: Beispielsweise schult die GIZ Menschen, wie sie sich vor den Folgen des Klimawandels schützen und ihr Einkommen sichern können. Damit die Veränderungen nachhaltig sind, berät die GIZ zudem Regierungen. So werden politische Rahmenbedingungen geschaffen, mit denen die weltweiten Ziele leichter erreicht werden können.“
Interviewer: „Was sind aktuelle Projekte? / Was wurde bereits erreicht?“
GIZ: „Allein 2019 erhielten 502 Millionen Menschen eine bessere Krankenversicherung und damit eine bessere Gesundheitsversorgung. Zudem wurde es 196.000 Menschen ermöglicht, eine Arbeit aufzunehmen. Auch im Bereich Umweltschutz wurde vieles geschafft: 2019 konnten 4 Millionen Hektar Land- und Weideflächen nachhaltiger bewirtschaftet werden und 219.000 km² Wald erhalten werden. Zwischen 2015 und 2017 konnte zudem mithilfe von GIZ-Arbeit der Ausstoß von Treibhausgasen weltweit um 36 Millionen Tonnen CO2 verringert werden. Das ist mehr als der jährliche CO2-Ausstoß von Berlin.
Ein paar konkrete Beispiele veranschaulichen, wie die Arbeit der GIZ vor Ort aussieht: Ein großer Teil der GIZ-Arbeit dreht sich um das Vorantreiben des Klimaschutzes. Zum Beispiel ist die GIZ im Rahmen des großen Vorhabens Energising Development – Programm für Energiezugang (EnDev) in 21 Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas tätig. Ziel ist es, eine bezahlbare und zuverlässige Energieversorgung für arme Haushalte, soziale Einrichtungen sowie kleine Unternehmen sicherzustellen. So wird hier bereits vermehrt Solarenergie genutzt, um nachhaltigen Strom zu liefern und damit veraltete, schmutzige Kerosinlampen zu ersetzen. Die GIZ unterstützt Solarunternehmen dabei, Stromanlagen für ganze Dörfer zu bauen und zu betreiben. Insgesamt hat die GIZ in Afrika bereits 130 dieser Dorfstromanlagen installiert. Neben dem Beitrag zum Klimaschutz ist das Projekt auch wirtschaftlich wirkungsvoll: Mehr als 11.000 Arbeitsplätze konnten vor Ort bereits geschaffen werden. Insgesamt erhielten durch EnDev 22,9 Millionen Menschen weltweit Zugang zu Kochenergie und Strom – die Zahl steigt jährlich. Zudem werden rund 2,4 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr eingespart, was dem jährlichen CO2-Ausstoß einer Viertelmillion deutscher Bürger entspricht.
Neben dem Umweltschutz setzt sich die GIZ besonders für Geflüchtete ein. Kenia beispielsweise ist ein Zufluchtsort für rund 500.000 Geflüchtete aus benachbarten Krisenstaaten. Die GIZ verbessert die Lebensbedingungen für Geflüchtete sowie für die aufnehmenden Gemeinden in Kakuma, indem sie beispielsweise den Zugang zu Anbauflächen und Wasser unterstützt. In Kenias zweitgrößtem Flüchtlingscamp mit 185.000 Bewohner*innen wurden acht Brunnen wieder funktionstüchtig gemacht. Dadurch können mehr Nahrungsmittel angebaut werden: Die Gemüseernte stieg somit um mehr als ein Drittel an.
Neben den Geflüchteten selbst, unterstützt die GIZ auch die aufnehmenden Regionen. So etwa in Jordanien: Bis Februar 2018 sind hierher laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) rund 657.600 Syrer*innen wegen des Bürgerkrieges geflohen. Als Wüstenstaat hat Jordanien mit Wasserarmut zu kämpfen – durch den Zuwachs an Menschen drohte sich die Wasserknappheit weiter zu verschärfen. Die GIZ berät daher das jordanische Wasserministerium und arbeitet an vielfältigen Lösungen mit: Sie bildet Klempner*innen aus – denn fachmännisch verlegte Leitungen tragen dazu bei, Wasser zu sparen. Zudem bietet es den Menschen vor Ort eine berufliche Perspektive: Rund 300 Frauen und Männer wurden bereits geschult, davon sind 40 Prozent syrische Geflüchtete.
Ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Ernährungssicherung. Das bedeutet, dass ausreichend Nahrungsmittel angebaut und produziert werden, sodass weniger Menschen an Hunger leiden müssen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Competitive African Rice Initiative (CARI) in Nigeria, Burkina Faso, Ghana und Tansania. In den Ländern gibt es einen hohen Bedarf an Reis, der oft nicht durch den Anbau vor Ort gedeckt wird. CARI unterstützt Bäuer*innen dabei, mehr und hochwertigeren Reis mit klimafreundlichen Anbautechniken zu produzieren. Dadurch können sie ihr Einkommen steigern. Zudem fördert die Initiative die Digitalisierung in der Landwirtschaft: So wurde beispielsweise eine App entwickelt, die Bäuer*innen besser auf klimabedingte Risiken wie Überflutungen oder Dürren vorbereitet und dagegen absichert. Bisher konnten durch CARI 190.000 Bäuer*innen ihr Einkommen um bis zu 700 Prozent erhöhen. Insgesamt verbesserte sich so die Ernährungssituation von 820.000 Menschen (Farming 4 Future: Nachhaltiger Reisanbau in Afrika).
Im Jahr 2020 stellte sich die GIZ schnell auf die neuen Herausforderungen und Arbeitsbedingungen im Rahmen der Corona-Pandemie ein. Sie passte ihre bestehenden Projekte auf die veränderten Umstände und Bedarfe an. So konnte beispielsweise mithilfe der GIZ ein Textilbetrieb in Sansibar, der hauptsächlich Kleidung an Tourist*innen verkaufte, auf die Produktion von Masken umsteigen (Maskenproduktion und Modekollektionen – Sansibars Weg durch die Krise).
In Moldau produzierten Autozulieferer 800.000 hochwertige medizinische Schutzanzüge, die teils europaweit exportiert wurden (Moldau: Schutzanzüge für medizinisches Personal statt für Autos).
Weltweit informierte die GIZ Menschen zudem darüber, welche Gefahren das Coronavirus birgt und wie sie sich davor schützen können. Zum Beispiel mithilfe einer Radio-Kampagne in Nigeria, die rund 280.000 Hörer*innen erreicht hat (Radio in Afrika: Gut informiert in Krisenzeiten). Die GIZ baute dort Handwaschstationen auf, wo die Menschen keinen Zugang zu fließendem Wasser haben und verteilte in zahlreichen Ländern Seife, Desinfektionsmittel und Masken. Sie stellte aber auch sicher, dass Menschen überhaupt Zugang zu Krankenhäusern haben, um sich dort behandeln zu lassen.
So wurde im westafrikanischen Land Malawi sichergestellt, dass genügend Behandlungszentren und Quarantänestationen zur Verfügung stehen. Zukünftig können die Behandlungszentren für verschiedenste Krankheitsausbrüche genutzt werden (Zur richtigen Zeit am richtigen Ort).“
Interviewer: „Wie schätzen sie die Zukunft der Entwicklungspolitik ein?“
GIZ: „Auch künftig ist das zentrale Ziel der GIZ, Lebensbedingungen weltweit zu verbessern und eine nachhaltige Zukunft zu schaffen. Die Corona-Pandemie bietet eine Chance, wirtschaftliche Entwicklung und Investitionen konsequent auf strukturbildende Ziele auszurichten: Wirtschaftlichkeit, Klimaschutz und soziale Inklusion können sich gegenseitig ergänzen. Nur der ganzheitliche Weg wird Entwicklung langfristig und damit ökologisch nachhaltig, ressourceneffizient und sozial gerecht voranbringen. Im Rahmen eines grünen Aufschwungs, des sogenannten Green Recovery, wird die GIZ beispielsweise kleine und mittelständische Betriebe darin unterstützen, nachhaltige Ideen voranzubringen: von neuen Recyclingtechnologien über klimafreundliche Mobilität bis zu alternativen Nutzungsmethoden landwirtschaftlicher Produkte. Die Zusammenarbeit ist dabei keineswegs auf die ärmsten Länder beschränkt: Chile zum Beispiel entwickelte sich mit Unterstützung der GIZ zu einem Vorreiter für erneuerbare Energien und wird weiter von GIZ unterstützt (Klar zur Wende: Chile setzt auf erneuerbare Energien).“
Interviewer:„Vielen Dank für das detaillierte und aufschlussreiche Interview Frau Frank!“